Democratic Youth Orchestra 25

  • Beitrags-Autor:Hannes Pohl
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DYO 25 | Forschungsvorhaben


Einleitung

In der modernen Pädagogik gewinnt die partizipative Einbeziehung von Lernenden zunehmend an Bedeutung. Demokratische Ansätze fördern nicht nur die individuelle Selbstständigkeit, sondern stärken auch das Verantwortungsbewusstsein, die soziale Kompetenz und das kritische Denken. Gerade in künstlerischen und musischen Kontexten, in denen Kooperation und kreative Entfaltung zentral sind, bietet ein partizipativer Ansatz die Chance, traditionelle hierarchische Strukturen aufzubrechen und ein Klima des gemeinsamen Gestaltens zu etablieren. Das vorliegende Forschungsvorhaben zielt darauf ab, partizipative Strukturen im Kontext eines Jugendorchesters zu implementieren und ein Modell zu entwickeln sowie zu erproben, das langfristig den Betrieb eines demokratisch organisierten und selbstverwalteten Orchesters ermöglicht.


Problemstellung und Forschungsstand

Traditionelle Jugendorchester operieren häufig nach fest etablierten, hierarchischen Prinzipien, bei denen die Entscheidungsgewalt zentralisiert liegt. Diese Struktur kann das Potenzial der jungen Musiker*innen zur Übernahme von Verantwortung und zur aktiven Mitgestaltung einschränken. Erste Ansätze und praktische Erfahrungen in alternativen Modellen deuten darauf hin, dass demokratisch organisierte Ensembles das Engagement, die Eigenmotivation und das Demokratieverständnis ihrer Mitglieder nachhaltig fördern können. Dennoch bestehen bislang noch offene Fragen bezüglich der spezifischen Rahmenbedingungen, die für einen dauerhaften, selbstverwalteten Betrieb notwendig sind, sowie zu den Effekten der partizipativen Organisation auf das individuelle und kollektive demokratische Bewusstsein.


Zielsetzung und Forschungsfragen

Zielsetzung:

Das Projekt verfolgt das Ziel, partizipative Strukturen in einem Jugendorchester zu implementieren und ein demokratisches Organisationsmodell zu entwickeln, das den langfristigen, selbstverwalteten Betrieb des Orchesters ermöglicht. Als wissenschaftliche und pädagogische Leitung soll dabei der Einfluss auf die tägliche Orchesterarbeit zukünftig auf die Ausbildung und Begleitung der Führungsteams beschränkt werden.

Forschungsfragen:

  1. Unter welchen Rahmenbedingungen kann ein selbstverwaltetes Orchester funktionieren?
  2. Welchen Effekt hat die aktive Teilnahme in einem demokratisch organisierten Ensemble auf das Engagement und das Demokratieverständnis der Teilnehmenden?

Der Projekterfolg wird daran gemessen, ob das Orchester langfristig ohne die kontinuierliche Intervention eines pädagogischen Leiters oder zentralen Führungspersonen operieren kann.


Methodik

Das Forschungsvorhaben wird primär beobachtend begleitet. Die methodische Herangehensweise umfasst:

  • Beobachtung:
    Systematische und teilnehmende Beobachtungen während der Proben und Aufführungen, um die Dynamik der partizipativen Prozesse und die Entwicklung der Selbstverwaltung zu dokumentieren.
  • Evaluation mittels Fragebögen:
    Standardisierte Erhebungen unter den Orchestermitgliedern zur Messung von Engagement, Selbstwirksamkeit und demokratischem Bewusstsein. Diese quantitativen Daten sollen Aufschluss darüber geben, inwiefern die partizipative Struktur zur persönlichen und kollektiven Entwicklung beiträgt.
  • Interviews:
    Qualitative Interviews mit ausgewählten Mitgliedern und Verantwortlichen, um vertiefte Einblicke in individuelle Erfahrungen, Herausforderungen und Erfolgserlebnisse im Rahmen der demokratischen Mitbestimmung zu gewinnen.

Zeitplan und Ablauf

  • Phase 1 – Rekrutierung & Ausbildung (Febr. 2025 – Juli 2025):
    Planung des Projekts, Anwerben junger Musikerinnen und Musiker (Probanden), Schulung der beteiligten Musiker*innen in Sachfragen und Methoden der Orchesterorganisation, sowie Einrichtung der Beobachtungs- und Evaluationsinstrumente.
  • Phase 2 – Implementierung (Aug. 205 – Juni 2026):
    Einführung und operative Umsetzung des demokratischen Modells im Orchester. Laufende Beobachtungen und erste Datenerhebungen.
  • Phase 3 – Zwischenevaluation (Juli 2025)
    Datenerhebung zur ersten Evaluation des Projektes (Standardisierte Befragung, Interviews). Präsentation der bisherigen Ergebnisse. Formulierung und Publikation eines Zwischenfazits, Weiterentwicklung der Forschungshypothese(n)
  • Phase 4 – Autonomieerprobung (Aug. 2026 – Juni. 2027):
    Vollständiger Rückzug der intervenierenden Person(en) aus der organisatorischen Arbeit. Laufende Beobachtungen und erste Datenerhebungen.
  • Phase 5 – Evaluation (Juli 2027):
    Durchführung von Fragebogenerhebungen und Interviews sowie systematische Auswertung der gewonnenen Daten.
  • Phase 6 – Abschluss und Dissemination (Aug. – Okt. 2027)
    Reflexion und Zusammenfassung der Ergebnisse, abschließende Modellanpassungen und Publikation der Erkenntnisse.

Vorläufige Gliederung des Projektreviews

Die Ergebnisse, die aus diesem Modellprojekt hervorgehen, sowie die Erkenntnisse, die aus bisherigen Pilotprojekten gewonnen werden konnten, werden in einem Projektreview zusammengefasst. Für dieses Review ist nach aktuellem Stand folgenden Gliederung vorgesehen:

1 Problematik & Programmatik

  • 1.1 Ausgangsproblematik | der Partizipationsdiskurs
    • 1.1.1 Pädagogisch-didaktische Diskurseinordnung
    • 1.1.2 Soziokulturelle Diskursordnung
  • 1.2 Programmatische Konzeption | Das DYO-Modell

2 Empirischer Zugang | Pilotprojektberichte

  • 2.1 Das Freie Jugendorchester Orientexpress als qualitativer Zugang
    • 2.1.1 Orientexpress Orchester | Ausgangslage und Entstehungsidee
    • 2.1.2 Orientexpress Orchester | Dezentralisierung
    • 2.1.3 Orientexpress Orchester | Transformationsproblematik und Projektabschluss
  • 2.2 Das Vivace Orchestra als qualitativer Zugang
    • 2.2.1 Ensemble Vivace | Gründungsdynamik
    • 2.2.2 Ensemble Vivace | Demokratische Konzeption
    • 2.2.3 Ensemble Vivace | Projekt- und Grupenndynamik
    • 2.2.4 Vivace Orchestra | Orchestralisierungsdynamik
    • 2.2.5 Vivace Orchestra | Demokratische Rekonzeption
    • 2.2.6 Vivace Orchestra | Projekt- und Grupenndynamik

3 Evaluation der Pilotprojekte

  • 3.1 Selbstreflexive Methodenkritik
  • 3.2 Interpretation der Projektdynamik des Orientexpress Orchester
    • 3.2.1 Interpretation des scheitern des Projektes
      • 3.2.1.1 These I | Systemträgheit und Transformationsproblematik
      • 3.2.1.2 These II | Infrastrukturelle Instabilität
      • 3.2.1.3 These III | Musisch-künstlerische Anspruchsdivergenz
      • 3.2.1.4 These IV | Nukleusbildung / unzureichende Dezentralisierung
      • 3.2.1.5 These V / Gegenthese | Demokratie als Instabilitätsfaktor
    • 3.2.2 Ableitung positiver Perspektiven
      • 3.2.2.1 Perspektive I | Identifikationsthese
      • 3.2.2.2 Perspektive II | Potentielle Qualitätssteigerung
  • 3.3 Interpretation der Projektdynamik des Ensemble Vivace
    • 3.3.1 Entwicklung der unter 3.2.1 ausdifferenzierten Konfliktfelder
      • 3.3.1.1 Konfliktfeld I | Systemakzeptanz
      • 3.3.1.2 Konfliktfeld II | Infrastruktur
      • 3.3.1.3 Konfliktfeld III | Musisch-künstlerischer Anspruch
      • 3.3.1.4 Konfliktfeld IV | Nukleusbewältigung
      • 3.3.1.5 Konfliktfeld V | Demokratie als Stabilitätsfaktor
  • 3.4 Interpretation der Projektdynamik des Vivace Orchestra
    • [3.4.1-X Thesenentwicklung entsprechend der Projektentwicklung]
  • 3.5 Zusammenfassende Darstellung und Interpretation

Erwartete Ergebnisse und Bedeutung

Es wird erwartet, dass die Implementierung partizipativer Strukturen zu einem signifikanten Anstieg des Engagements, einer vertieften demokratischen Haltung und Verstärkung sozialer, sowie organisatorischer Kompetenzen unter den Orchestermitgliedern führt. Langfristig soll das Orchester als selbstverwaltete Einheit funktionieren – ein Erfolg, der daran gemäßen werden soll, ob und wie weit die operative Steuerung ausschließlich durch intern geschulte Führungsteams erfolgt.

Sollte dieses Modellprojekt die Grundlagenthese eines positiven Effektes demokratischer Ensemblestrukturen auf Eigenverantwortung, Engagement, Team- und Prozesskompetenzen bestätigen, soll die getestete und im Zuge der Ergebnisse fortlaufend weiterentwickelte Projektstruktur als Modellvorlage für die Implementierung partizipativer Strukturen in vergleichbaren pädagogischen und schulischen Kontexten dienen können.